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Alm- und Weideschutzgesetze verlagern die Verantwortung für die Risse zu den Tierhaltern – eine riskante Entwicklung

  • 2 Min. Lesezeit

Täglich werden in Tirol Risse gemeldet – oft sogar an mehreren Tagen hintereinander auf derselben Alm. Gleichzeitig werden Abschüsse angeordnet. Doch die Erfahrung des laufenden Jahres zeigt klar: Abschüsse allein verhindern keine weiteren Risse. Es ist daher dringend ein Umdenken notwendig. Landwirte müssen davon ausgehen, dass jederzeit und überall in Tirol ein Wolf, Goldschakal, Fuchs oder auch ein anderer Beutegreifer wie der Bär eine Gefahr für ihre Tiere darstellen kann – und sie müssen diese Tiere wirksam schützen.

In Tirol, Kärnten und Salzburg wurden in den vergangenen Jahren sogenannte Alm- und Weideschutzgesetze verabschiedet, die auf dem Papier nahezu sämtliche Almen als „nicht schützbar“ klassifizieren. Diese pauschale Einstufung ist aus Sicht des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) rechtswidrig. Im Urteil C-601/22 hat der EuGH eindeutig festgestellt, dass solche generellen Schutzunfähigkeits-Erklärungen mit europäischem Recht unvereinbar sind.

Doch die Folgen dieser Gesetze gehen inzwischen weit über die ursprüngliche rechtliche Diskussion hinaus: Die Verantwortung liegt nun bei den Tierhaltern selbst.

Wer heute Tiere auf eine laut Landesgesetz „unschützbare“ Alm auftreibt, handelt juristisch riskant. Solange kein Riss geschieht, bleibt die Lage unauffällig. Kommt es jedoch zu einem Wolfsriss, kann sich der Tierhalter nicht mehr auf das Landesgesetz berufen. Denn er wusste, dass Wölfe im Gebiet vorkommen und dass seine Tiere gefährdet sind. In diesem Fall bewegt er sich im Bereich des Strafgesetzbuches – konkret dort, wo billigend in Kauf genommenes Leid für ein Tier als Tierquälerei gilt.

Damit droht ein juristisches Dilemma:

Weiterer Almauftrieb ohne Schutzmaßnahmen kann strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Herdenschutz wird zur zwingenden Voraussetzung, um sich vor strafrechtlicher Haftung zu schützen.

De facto hat die Politik damit die volle juristische Verantwortung für Verluste und Tierleid von der öffentlichen Hand auf die Landwirte verlagert – eine Entwicklung, die in der Praxis zu massiven Veränderungen in der Almwirtschaft führen könnte.

Fazit:

Es ist jetzt dringend geboten, zum Wohl der Nutztiere Herdenschutz endlich ernst zu nehmen – so wie es auf den Projektalmen des Landes Tirol bereits erfolgreich umgesetzt wird. Tirol hat hier sogar eine Vorreiterrolle und eindrucksvoll bewiesen, dass effektiver Herdenschutz funktioniert. Dieses Konzept der Projektalmen muss jetzt auf alle größeren Almen für die nächste Weidesaison ausgeweitet und übertragen werden.

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