Ein Jäger schoss in Hermagor (Kärnten) erneut einen Wolf in unmittelbarer Nähe eines Wohnhauses ab (Link). Der Abschuss wirft nicht nur juristische Fragen hinsichtlich des Jagdgesetzes und des Umgangs mit geschützten Wildtieren auf, sondern stellt auch die Frage, ob das Schießen mit Schusswaffen auf Tiere in der Nähe von bewohnten Gebieten zulässig ist. Wir haben eine Anfrage gestellt, um Näheres zur Situation zu erfahren.
Gemäß § 68 Absatz 1 Ziffer 2 Kärntner Jagdgesetz (K-JG) gestattet das Gesetz ausdrücklich den Einsatz von Fangschüssen mit Faustfeuerwaffen oder Schrotmunition im besiedelten Gebiet – also dort, wo sich Menschen aufhalten, Kinder spielen und Haustiere sich bewegen. Ein Fangschuss dient dazu, verletztes oder nicht sofort getötetes Wild schnell und schmerzlos zu erlösen.
Unklar bleibt jedoch, ob der als „Risikowolf“ bezeichnete Wolf, verletzt oder krank war. § 68 Absatz 1 Ziffer 14 K-JG verbietet die Jagd an Orten, an denen die öffentliche Ruhe und Ordnung gestört oder das Leben und die Sicherheit von Menschen gefährdet werden. Grundsätzlich widerspricht die Kärnten Einstufung von Wölfe den internationalen Normen von Problemwölfen.
Hunde und Katzen dürfen in Siedlungsnähe bejagt werden
Viele Bürgerinnen und Bürger wissen nicht, dass mehrere Bundesländer die Jagd auf Haustiere wie Hunde und Katzen gesetzlich erlauben. Jäger erschießen Hunde, wenn sie sie als „wildernd“ einstufen oder wenn die Tiere sich außerhalb der Rufweite ihrer Besitzer befinden. Bei Katzen betrachten manche Bundesländer bereits eine Entfernung von 200 bis 300 Metern zum nächsten Gebäude als Rechtfertigung für einen Abschuss. Die Definition von „Rufweite“ bleibt jedoch unklar. In Tirol und Oberösterreich dürfen Jäger Katzen töten, die sie zuvor in Fallen gefangen haben, selbst wenn diese Fallen in Siedlungsnähe stehen. In Tirol und Niederösterreich müssen Jagdschutzorgane Katzen sogar abschießen. Schätzungen zufolge verlieren jedes Jahr zehntausende Haustiere ihr Leben. Zudem riskieren Jäger, durch Verwechslungen geschützte Arten zu töten.
Gebiete, in denen gejagt wird, müssen grundsätzlich nicht für die Allgemeinheit gesperrt werden
Jäger informieren Wanderer, Fahrradfahrer und Spaziergänger nicht über ihre Jagdaktivitäten in ihrem Revier. Deshalb verletzen Querschläger häufig Freizeitnutzer. Forstarbeiter kennzeichnen ihre Arbeiten im Wald regelmäßig mit Warnschildern, doch Jäger verzichten teils darauf, obwohl sie mit scharfer Munition in unübersichtlichem Wald auf Tiere schießen. Erst kürzlich berichteten Wanderer von einer Verletzung durch Querschläger. Immer wieder geraten Unbeteiligte in die Schusslinie der Jagd: Ein Projektil traf ein Fahrschulauto während einer Fahrstunde, und ein Autofahrer entdeckte erst später ein Einschussloch in seinem Wagen, vermutlich durch Jagdmunition. In einem weiteren Fall verletzte ein versehentlich ausgelöster Schuss einen Beifahrer schwer, als ein Hobbyjäger aus dem Auto stieg, um ein Tier zu erlegen. Ein älterer Jäger tötete sogar drei Pferde, weil er sie im Dunkeln für einen Fuchs hielt. Diese Vorfälle zeigen, dass Jagdwaffen nicht nur für Jäger selbst, sondern auch für unbeteiligte Personen und deren Tiere ein erhebliches Risiko darstellen.
Bewaffnete Hirten: Eine gefährliche Entwicklung
Einige Politiker setzen sich aktiv dafür ein, Hirten unter anderem auch in Tourismusgebieten, mit Schusswaffen zur Wolfsbekämpfung zu bewaffnen. Sie stoßen damit auf Kritik, weil das bestehende System bereits die legale Tötung von Haustieren und Wolfsabschüsse ohne klare Rechts- und Sicherheitsstandards erlaubt und dadurch ein erhebliches Risiko für Menschen, Haustiere, Wanderer und Touristen entsteht. Außerdem bleibt unklar, warum die Gesetze so vage und freizügig formuliert sind, dass sogar in der Nähe von Siedlungen auf Tiere geschossen werden darf.
Quellen
Kärntner Jagdgesetz: https://www.ris.bka.gv.at/geltendefassung.wxe?abfrage=lrk&gesetzesnummer=20000013
Abschuss von Katzen nach den Landesjagdgesetzen: https://www.facebook.com/photo/?fbid=780082577487587&set=a.359083186254197
