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Ein österreichisches Catch-22 im Umgang mit dem Wolf

  • 3 Min. Lesezeit

Vor ein paar Tage schrieben wir einen Beitrag über die Absage des Projektalm Termins in Ladis. Nun folgt der nächste Akt. Der Begriff Catch-22 stammt aus dem gleichnamigen Roman von Joseph Heller. Er beschreibt eine paradoxe Situation, aus der es keinen logischen Ausweg gibt, weil sich die Regeln gegenseitig ausschließen. In Hellers Geschichte darf ein Pilot nur dann als verrückt gelten und vom Einsatz befreit werden, wenn er selbst darum bittet – doch genau das beweist, dass er nicht verrückt ist. Ein Teufelskreis also, in dem jede Entscheidung falsch ist.

Ganz ähnlich verhält es sich derzeit auf vielen österreichischen Almen im Umgang mit dem Wolf. Der offizielle Narrativ lautet: Wenn man Wölfe abschießt, gehen die Risse zurück. Dieses einfache Ursache-Wirkungs-Schema soll den Menschen Sicherheit geben – und politisch den Weg ebnen, um Herdenschutzmaßnahmen kleinzureden oder gar nicht zu finanzieren.

Doch die Realität ist eine andere: Die Zahl der Risse steigt, weil es vielerorts weder ausreichenden Herdenschutz noch funktionierende Strukturen für Prävention gibt. Damit dieser Widerspruch nicht auffällt, wird das System selbst verdreht: Risse werden nur teilweise gemeldet, Fälle werden heruntergespielt oder in andere Kategorien verschoben. Auf dem Papier sinken die Schäden – und der Mythos vom „abschussbasierten Herdenschutz“ scheint bestätigt.

Ein Paradoxon während die Almen und Weidetiere den Preis dafür zahlen

Ein aktuelles Beispiel zeigt, wie groß die Diskrepanz zwischen offizieller Statistik und bäuerlicher Realität ist: Laut dem Factsheet der Tiroler Landesregierung sind in Nauders 18 Schafe offiziell als vom Wolf gerissen gemeldet.

Schafbauern vor Ort sprechen hingegen von über 50 verlorenen Tieren, darunter viele, die nie gefunden oder erst nach Tagen entdeckt wurden. Was nicht gemeldet oder eindeutig zugeordnet werden kann, scheint in keiner Statistik auf – und so bleibt der Schein gewahrt, dass „die Maßnahmen wirken“.

Selbst das Rissradar der Weidezone Tirol zeigt hier deutliche Abweichungen: Es weist für denselben Zeitraum nahezu doppelt so viele gerissene Schafe aus wie die offiziellen Zahlen. Damit bestätigt sich, was viele Landwirte schon lange sagen – dass die Realität auf den Almen oft nur unvollständig in die Statistiken einfließt.

So entsteht ein österreichisches Catch-22: Man schießt Wölfe, um Risse zu verhindern, vertuscht Risse, um weiter schießen zu dürfen – und verhindert dadurch genau jene Herdenschutzmaßnahmen, die das Problem tatsächlich lösen würden. Ein Paradoxon, das sich selbst stabilisiert, während die Almen und Weidetiere den Preis dafür zahlen. Man kommt daraus mit Logik nicht heraus – außer man durchbricht das System an der Wurzel.

Wie kommt man da heraus?

Nur, indem man den Kreislauf aus Ideologie, Vertuschung und Scheinlösungen beendet. Das bedeutet: weg vom politischen Narrativ, hin zu überprüfbaren Daten, ehrlicher Transparenz und konsequentem Herdenschutz.

Solange man versucht, Statistik durch Wunschdenken zu ersetzen, bleibt das System gefangen in seinem eigenen Catch-22. Erst wenn man anerkennt, dass nicht der Abschuss alleine, sondern vor allem Herdenschutz Risse reduziert, kann man diesen Teufelskreis verlassen.

Quellen

Tirol Fact sheet Almsaison 2025

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